Das 6-Tages Trekking auf den Tafelberg Roraima.
Der Tafel, der geographisch auf dem Dreiländereck von Venezuela, Guyana und Brasilien liegt, wurde unser absolutes Highlight der Venezuela Reise.Schon am Tag bevor unser Trekking starten sollte, hatte sich unsere europäisch gemischte 5er-Gruppe im Hostel in Santa Elena de Uairen zusammen gefunden und bei einer guten Flasche typisch venezolanischem Rum, dem “Santa Teresa”, die Vorfreude auf das gemeinsame Abenteuer gesteigert. Die Rucksäcke wurden noch umgepackt, um nur das allernötigste 6 Tage lang bis auf 2800m hoch zu schleppen und wieder zurück. Das Restgepäck sollte über die Trekking Tage im Hostel verstaut werden können.
Tag 1
Der erste Tag startet also gut gelaunt um 8:30. Unser Jeep holt uns am Hostel ab, das Trekking Gepäck wird gut auf dem Dach des Jeeps verstaut. Wir dürfen netterweise inklusive unseres Guides Tiron im Inneren des Jeeps Platz nehmen. Die Fahrt nach Paratepui, von wo aus uns nur noch die eigenen Flüsse tragen werden, dauert knapp eine Stunde und bietet weite Ausblicke über die Gran Sabana. Das Dorf Paratepui ist klein und wir sehen nur wenige Bewohner, weil es just in dem Moment, wo wir ankommen, anfängt zu regnen. Eine einfache zu den Seiten offene Hütte bietet aber erst einmal Schutz, um ein paar Sandwichs zu belegen und sich für den ersten Trekking Tag Energie zu speichern. Währenddessen werden unsere Zelte noch einmal aufgebaut, damit auch ja kein Hering vergessen wird. Die Zelte, Kochutensilien und Lebensmittel für die Verpflegung werden von Trägern übernommen. Diese laden sich in der Hochsaison bis zu 50 kg auf den Rücken. Man selber trägt nur, was eben nötig ist in seinem eigenen Rucksack, also Mückenspray (dieses ist besonders nötig!), Sonnencreme, Klamotten, etc.
Je nach Saison kann es oben auf dem Roraima nachts auch ganz schön frisch werden: bis zu null Grad. Momentan sollen die Temperaturen bis zu 8 erreicht haben. Das spart Gepäck! Dennoch trägt jeder seinen Schlafsack und Isomatte selber. Das gesamte Gepäck muss außerdem in eine große Plastiktüte (diese wird gestellt) gepackt und diese wiederum im Rucksack verstaut werden. Warum, das wird uns auch klar, wie wir so aus der Hütte in den Regen blinzeln. Gut gestärkt geht es dennoch los. Und siehe da, das Wetter meint es gut mit uns und nur noch ein leichtes Nieseln erfrischt unsere gut gelaunten Gesichter.
Der Boden des Wegs ist aufgeweicht und teilweise ziemlich matschig. Der Rat, gutes Schuhwerk zu tragen, lässt an dieser Stelle seinen Sinn erkennen. Es geht leicht bergauf und bergab, auf einem Hügel machen wir eine kurze Pause. Erst hier erkenne ich ihn: der Roraima liegt schon die ganze Zeit spürbar nah in unserem Blickfeld! Nur leider durch Wolken bedeckt. Stattdessen lässt dich ein traumhafter Blick auf den Nachbarberg, den Kukenán, genießen Die Ruhe und Weite um einen herum erscheint beruhigend und motivierend zugleich. Guter Dinge ziehen wir weiter, singen Filmlieder, die die anderen erraten müssen und lachen uns immer wieder kaputt, wenn der Titel beim besten Willen nicht zu erkennen war. Die Aufgabe des Tages werden allerdings noch zwei Flussüberquerungen. Der erste ist dank relativ niedrigem Wasserstand leicht zu meistern.
Die Regenzeit kann die Flüsse allerdings wohl enorm erhöhen, sodass die Überquerung alleine ein Abenteuer wird. So wie auch schon auf unserem Weg bei Fluss Nr. 2: dem Río Kukenán. Die Rücksäcke werden vorerst von Tiron gekonnt in einen Einbaum gehievt und auf das 10m entfernte andere Ufer manövriert. Zugegebenermaßen gehört ein wenig blindes Vetrauen dazu, wenn man sein ganzes Hab und Gut auf diesem wackligen Ding gefährlich nah vorm Dahinschwimmen beobachtet, aber Tiron scheint mit solchen Einbaumfahrten groß geworden zu sein. Nun gilt es, UNS auf die andere Seite zu bringen und auch hier zeigt sich unser Guide erfahren. Wie eine Menschenkette Hand-in-Hand folgen wir Tiron, der jeden Stein des Flusses auswendig zu kennen scheint, durch die Strömung des Río. Komplett trocken auf die andere Seite schafft es dennoch niemand. Was bei den hohen Temperaturen aber ohnehin nicht weiter wild ist.
Direkt hinter dem Fluss liegt das Camp für die erste Nacht, wo wir erst einmal unsere Zelte aufbauen. Hiernach haben wir uns ein Bad verdient und kühlen uns an einer sicheren Stelle im Fluss ab. Die Dusche des Tages! Auf Seife und Shampoo soll allerdings auf der gesamten Reise verzichtet werden. Der Roraima ist Teil des Nationalparks und soll auch so behandelt werden. Im Laufe des Abends trudeln weitere Trekking Gruppen im Camp ein und bei Abendstimmung wird es spürbar kuscheliger. Das Mückenspray kommt viel zum Einsatz, da besonders hier an den Flüssen, die Mückenart Puri Puri seine biologische Nische gefunden hat: ein sehr kleines und etwas aggressives Insekt, was es beim gemeinsamen Tee und späteren Abendessen am Besten zu Ignorieren gilt. Frustrierend aber wahr: Im Zweifel sind die Viecher eh stärker! Es gibt Pasta mit Tomatensoße, frisch zubereitet von Tiron und schmeckt herrlich!
Tag 2
Einen Wecker brauchen wir nicht, um aufzuwachen. Das Campleben übernimmt die Aufgabe durch Rascheln, das Auf- und Zuziehen der Zeltreißverschlüsse, etc. Wir packen unsere Sachen und Zelte zusammen und bekommen erst einmal Rühreier und Arepas zum Frühstück. Arepas sind typisch venezolanische Teigtaschen, ähnlich einer Dönertasche, nur dass der Teig fester ist. Der Fluss plätschert, die Sonne scheint, die Stimmung ist super. Auf dem Weg zum Basecamp schaut immer mal wieder die steile Wand des Roraima durch die Wolken. Das Ziel kommt spürbar näher.
Heute laufen wir gute 3-4 Stunden. Kurz vorm Camp müssen schon etwas höhere Hügel erklommen werden als tags zuvor. Der ein oder andere kommt bereits verschnaufend im Camp an. Doch der Blick lohnt sich: Das Basecamp liegt direkt am Fuße des Roraima. Vor uns baut sich die steile Steinwand auf, die etwa 1 km in die Höhe ragt. Wahrend wir die Zelte aufbauen, bereitet Tiron unser Mittagessen vor. Das Gehen macht ganz schön hungrig und beim Essen merken wir erst, wie sehr tatsächlich!
Den Rest des Tages bleiben wir am Camp und können die Augen nicht vom steinigen Monster lassen, das wir morgen erobern sollen. Die Wolken liegen nun auch niedriger und fallen spektakulär zwischen Roraima und Kukenan als weicher Wasserfall auf die Erde. Der Roraima liegt frei und wir schauen ehrfürchtig auf die volle Pracht des Tafelbergs. Wer kann, erledigt noch einmal seine Notdurft zwischen den Büschen und Bäumen ums Camp herum. Da die Vegetation oben auf der Plattform des Berges sehr viel geringer ist, kann diese oben nämlich nicht mehr ohne Weiteres abgebaut werden. Die Lösung ist daher eine Plastiktüte als Toilettenersatz, die mit etwas Kalkpulver gegen entstehende Gerüche gefüllt wird und nach den zwei Tagen auf der Plattform durch die Träger wieder nach unten gebracht werden soll. Nach dem Sonnenuntergang wird es spürbar frischer und wir freuen uns über den heißen Tee zum Abendessen. Tiron hat ein Curryhühnchen mit Reis für uns gezaubert.
Tag 3
Um 6 Uhr aufstehen erscheint zwar früh, ist aber in Anbetracht des Sonnenrhythmus durch die Nähe zum Äquator nur sinnvoll. Beim Zeltabbauen spüre ich meinen Rücken. Das Schlafen auf Isomatte ist eben ein wenig gewöhnungsbedürftig und der Boden am Basecamp ist dank Gras sogar noch etwas gedämpfter. Oben wird es steiniger werden. Aber was uns genau erwartet, wissen wir noch nicht. Wir frühstücken mit gemischten Gefühlen: Sorge, ob man es bis oben schafft, Angst vor Schmerzen, aber auch ein treibender Ehrgeiz und Neugierde, was diese Welt da oben zu bieten hat. Wir sind die letzte Gruppe, die das Camp gegen 8:30 Richtung Wand(!) verlässt.
Die Anstrengung des Aufstiegs wird je nach Alter, Geschlecht und Training unterschiedlich empfunden. Schon am Vorabend haben wir uns dazu entschlossen, dass jeder nach seinem eigenen Tempo den Aufstieg meistern soll. Puste zum Singen haben wir mit großer Wahrscheinlichkeit eh keine mehr! Und so teilt sich unsere 5er Gruppe auf. Der Franzose und ich entscheiden uns für einen sportlichen Aufstieg und gehen voran. Nach etwa 45 Minuten haben wir bereits steile Lehmaufstiege gemeistert und uns über mächtige Baumwurzeln gehoben. Der Regenwald wird plötzlich lichter und wir stehen an der Wand des Roraima. Sylvain lässt mich die erste Wandberührung per Kamera festhalten bevor es weitergeht – immer der Wand entlang. Verlaufen kann man sich hier wohl schwer.
Wir holen die anderen Gruppen ein, die gerade an einem Aussichtspunkt verschnaufen und die Sicht auf die Gran Sabana genießen Durch 2 dank der Trockenzeit relativ schwache Wasserfälle hindurch – der eine heißt “lagrimas del Roraima (Tränen des Roraima) – wird es steinig auf der “Rampe”. Egal in welche Richtung man von hier aus schaut, was man sieht, ist beeindruckend: Nach hinten der Regenwald und die steile Wand, die an ihm aufragt. Nach unten die Gran Sabana mit dem Basecamp, das nur durch ein kleines orangenes Zeltdach noch erkennbar ist. Nach schräg links (gen Westen) ragt der Kukenán empor und nach oben trennen uns die letzten großen Felsen von der Plattform des Tafelberges. Hier kann man, wenn man gute Augen hat, kleine graue und dadurch gut getarnte Mini-Frösche sehen, die nur hier zu finden sind. Sie können aufgrund ihrer schwach ausgebildeten Hinterlaufe nicht springen. Stattdessen krabbeln sie oder rollen sich vom Stein abwärts, um einem Angreifer zu entkommen. Sylvain hat ein sehr gutes Auge und wir sehen einige der ca. 8cm großen Amphibien. Als würden die Roraima Tränen uns bis oben hin verfolgen, nieselt es leicht auf den letzten Metern und auch, als Sylvain und ich nach ca. 2 Stunden die Plattform erreichen.
Es sieht urig aus und fast gefährlich ruhig türmen sich die großen Felsen übereinander. Vegetation gibt es hier tatsächlich wenig. Der Plastiktütengedanke erscheint nachvollziehbar. Wir hocken uns auf den Steinboden und lehnen uns an einen der riesigen Felsen. Mit einem Bärenhunger verschlingen wir unser Sandwich, das unser Mittagessen darstellen sollte und reden kaum. Langsam trudeln andere auf der Plattform ein und bringen die Sonne mit. Es soll das letzte Mal gewesen sein, dass wir auf unserem Trip Regen sehen. Tiron zeigt uns den Weg durch das steinige Labyrinth zu unserem “Hotel”. Dieses besteht aus einem Felsvorsprung etwas höher gelegen als die Plattform selber, sodass wir von unserer Bleibe aus einen traumhaften Blick auf den Kukenán und die Gran Sabana haben. Nach dem inzwischen routinierten Zeltaufbau können wir nicht recht entspannen. Stattdessen klettern und springen wir über die Felsen bis zu einem Ausguckspunkt am Rande der Plattform. Von unserem Zeltplatz aus, schien der Weg nicht so weit, doch es gestaltet sich als schwieriger als erwartet. Manchmal müssen wir umdrehen und einen anderen Weg suchen, weil die Felsen einem keine Möglichkeit zum Weiterkommen bieten. Der Kampf lohnt sich und bereits auftretende Muskelschmerzen sind komplett vergessen, als wir den gefühlten Rand der Welt erreichen. Einen Kilometer vertikal nach unten in den Regenwald reicht die Wand zu unseren Füßen. Stolz sind wir plötzlich über den Weg, den wir hinter uns gelegt haben aus reiner Körperkraft. Ein tolles Gefühl!
Den Rest des Tages erzählt uns Tiron ein paar Geschichten über den Berg und wie leicht man sich hier verlaufen kann. Ein Mädchen aus England sei spät abends noch einmal los gegangen und musste letztlich die Nacht draußen auf der Plattform verbringen bis sie am nächsten Morgen unterkühlt wieder gefunden wurde. Man solle den Berg nicht unterschätzen. Die Temperaturschwankungen bekommen wir besonders zu spüren. Es wird brütend heiß im Camp und vor allem im Zelt könnten wir Spiegeleier braten. Doch sobald die Sonne untergeht, fallen die Temperaturen rapide herab. Die angekündigten 8 Grad nachts habe ich zwar nicht gemessen, könnten aber hinkommen. Wir nutzen vor allem die Taktik der Muskelbewegung, um uns warm zu halten: Wir tanzen! Es wird der iPod angesteckt, der Lautsprecher laut aufgedreht und zur Freude aller Guides und Träger, die sich bei uns im Camp einfinden, tanzen wir uns warm, während die Sonne majestätisch hinter dem Kukenán untergeht. Zum Abendessen im Dunkeln hilft dann aber auch kein Tanzen mehr. Es wird spürbar kalt und ich ziehe alle Klamotten an, die ich dabei habe und alle verschwinden recht schnell nach dem Essen in ihren Schlafsäcken.
Tag 4
Ich weiß nicht mehr, was mehr weh tat, mein eingeschlafener Po, weil ich auf dem Rücken geschlafen habe und der Steinboden meine Durchblutung unterbunden hatte oder ALLE Muskeln meiner Bein- und Rumpfpartie! In der Tat machen sich nun die letzten Trekkingtage und vor allem der Aufstieg des Vortags enorm bemerkbar. Und wir haben heute viel vor. Als Tour für den kompletten Tag auf der Plattform hatte uns Tiron zwei Optionen vorgeschlagen: die Wanderung zum Triple Point, wo Guyana und Brasilien an Venezuela anschließen oder aber zwei kleinere Touren unter anderem zum Kristall- und zum Penistal (letzteres ist ein vom Guide übernommener Begriff), zu den Jacuzzis (!) und den Fenstern, den Aussichtsspunkten.
Letzteres erscheint uns abwechslungsreicher und so starten wir nach dem Frühstück zu den Tälern. Das Kristalltal lässt nur erahnen, wie es vor vielen Jahren einmal auf der Plattform ausgesehen haben muss. überall liegen Quarzkristalle herum und glitzern in der Sonne. Tiron erzählt, dass unsere Taschen und Rücksäcke am Ausgang des Parks untersucht werden könnten nach Steinen und Kristallen und sollte man etwas finden, würde das eine hohe Geldstrafe für uns bedeuten und seinen Job. Einem seiner Kollegen wäre dies mit einer Gruppe vor ein paar Jahren passiert, als die drei Jungs 3 kg Quarz mitgenommen hatten. Mit der verständlichen und freundlichen Bitte, dies also zu unterlassen, gehen wir weiter. “Gehen” erscheint mir an dieser Stelle nicht angebracht. Passender ist tatsächlich “klettern”! Woher das Penistal seinen Namen hat, erklärt sich auch recht schnell durch den ersten knapp 2,5 m langen nett geformten Fels, der schräg in den Himmel ragt.
Wir kehren ins Camp zurück, um uns zu stärken bevor es nachmittags zu den Fenstern weitergeht. Leider ist “das Fenster geschlossen”, wie die Guides es sagen. Das heißt, die Wolken verdecken den Ausblick. Dennoch sind wir begeistert von den Felsen, die aus den Wolken herausragen und genießen den Moment ein Weilchen. Der Jacuzzi ist natürlich eher nicht das, was man sich direkt unter einem solchen vorstellen mag. Es sind kleine natürlich gebildete Pools, die bei Sonne zum Abkühlen einladen. Als wir ankommen, ist es leider etwas bewölkt und somit wird der recht frische Wasserkontakt zur Mutprobe. Unter der Devise: “Einmal drin, merkt man den Körper eh nicht mehr!” springen dennoch alle ins kühle Nass und haben einen heiden Spaß dabei. Im Camp gibt es heiße Schokolade und Kekse, während Tiron Linsen mit Reis und Curry köchelt.
Wir sind platt, aber überglücklich. Die Welt hier oben ist einfach einzigartig und wir wollen jeden Ausblick auskosten. Auch nach dem Abendessen dicht nebeneinander sitzend schauen wir noch lange auf die Sternpracht, die über uns leuchtet. Ich habe ganz vergessen, wie viele Sterne tatsächlich da oben zu sehen sein können, wenn keine Lichter am Boden die Sicht erschweren.
Tag 5
Tiron weckt uns um 5. Die Fenster seien offen! Müde und leicht schwach auf den Beinen klettern und springen wir eine gute dreiviertel Stunde über und durch die Felsen. Die anderen Gruppen packen bereits ihre Camps zusammen, um sich auf den Abstieg vorzubereiten. Doch Tiron hat ein gutes Gespür und uns bietet sich der absolut schönste Ausblick meines Lebens. Regenwald, Gran Sabana, der östliche Teil des Roraima und der komplette wolkenfreie Kukenán. Alles erscheint frei in der Morgensonne. Wir können gar nicht genug davon kriegen. Doch Tiron treibt uns nach einer Weile wieder Richtung Camp. Heute wird der längste Wandertag werden. Außerdem haben wir alle ziemlich Hunger auf Frühstück. Der Abstieg teilt unsere Gruppe wieder auf. Sylvain und ich arbeiten uns im guten Laufmarsch durchs Geäst und über Steine und Wurzeln bis ich der Wand einen Abschiedskuss gebe (das Foto gibt es wirklich) und wir uns auf den schlimmsten Part der Kletterpartie freuen: den Lehmboden. Die Waden und Oberschenkel schmerzen und zittern, als wir die tiefen bereits im Lehm eingetretenen Stufen nach unten nehmen.
Im Basecamp angekommen bereitet unser Träger einen Salat als Mittagessen zu. Unglaublich, was ich wieder für einen Hunger habe. Die anderen treffen eine Stunde später ein und wir gönnen uns noch ein wenig Pause bevor es weitergeht zum ersten Camp. Der Weg wird spürbar leichter und flacher. Dennoch erscheint die Distanz deutlich länger als am 2. Tag. Am Río Kukenán ist der Wasserstand niedrig genug, um es barfuß und mit hochgekrempelter Hose und vorsichtigem Fortbewegen über die rutschigen Steine aufs andere Ufer zu schaffen. Dort angekommen, ist mir allerdings so heiß, dass ich meinen Rucksack abwerfe und mich so wie ich bin ins Wasser fallen lasse. Die wohl beste Dusche seit Beginn der Reise! Auch der zweite Fluss ist leicht zu meistern und wir schlagen dieses Mal unser Camp hinter den Flüssen auf.
Wir haben den längsten Tag geschafft und sind alle kaputt. Doch die Leistung wird erst mal bei einer Dose Polar-Bier gefeiert. Nach dem Abendessen sind alle recht schnell in ihren Zelten verschwunden. Die Müdigkeit siegt. Der Schlafsack wird auf einmal wieder überflüssig. Die Temperatur nachts ist um einiges höher als auf dem Berg.
Tag 6
Der letzte Tag ist angebrochen und die Muskeln schmerzen merklich und erinnern an die hinter uns gebrachten Kilometer. Es folgt der letzte Marsch bis Paratepui. Ich laufe die Strecke komplett in meinem eigenen Tempo und allein in meinen Gedanken versunken. Nehme Gerüche und Geräusche auf, wie das Zirpen der Grillen aus den zum Teil zu trockenen Feldern, die den Weg umschließen. Die Sonne brennt, aber meine Muskeln sind wieder warm und schmerzen nicht mehr beim Gehen. Es macht wieder Spaß. Immer wieder drehe ich mich um und kann nicht fassen, dass der Roraima schon wieder so weit weg scheint. Dieses Riesenmonster am Horizont soll ich erklommen haben? Ein beflügelndes Gefühl! Ein letzter Abstieg, ein letzter Bach zum Trinken.
Ich erinnere mich an den Hinweg im Nieselregen und weiß, ich komme dem Dorf näher. Und da erscheint es aus dem Nichts. Ich habs geschafft! Vereinzelt kommen andere im Dorf an und sind froh und erleichtert mit rotem Kopf, aber einem breiten Lächeln auf dem Gesicht. Es gibt Melone und Ananas und Bier dazu, wer will. Tiron kommt nach uns an, er musste das Camp noch abbauen nach dem Frühstück. Der Jeep holt uns ab und bringt uns erst mal in ein Nachbardorf, wo es frisch gebratenes Hähnchen gibt mit Kochbananen. Wir sind wieder in der Zivilisation angekommen. Gut gestärkt geht es zurück nach Santa Elena, wo die Dusche im Hostel auf uns wartet.
Das Roraima Trekking war ein unglaubliches Erlebnis und ich kann es jedem nur empfehlen! Der Tafelberg ist von jeder Himmelsrichtung aus beeindruckend!